Zürich an den Zürichsee – Transitverkehr unter den Boden!
Veröffentlicht am 06.06.2012 von endurit gmbh | 2 Kommentar(e)
Heute hat die rot-grüne Mehrheit des Zürcher Gemeinderates die Einzelinitiative Bruno Kammerer, welche den gesamten Verkehr um das Zürcher Seebecken vollständig unter den Boden verlegen wollte, abgelehnt. Dennoch soll diese Vision nicht ganz sterben: Ich habe deshalb heute zusammen mit der FDP-Fraktion des Zürcher Gemeinderates eine Motion eingereicht, mit welcher das Verkehrsaufkommen und die Anzahl Verkehrsspuren um das untere Seebecken um immerhin rund 50% reduziert werden sollen, ohne die Stadt mit zahllosen Rampen zu verschandeln oder Wohnquartiere mit Mehrverkehr zu belasten. Die FDP ist überzeugt, dass mit dieser pragmatischen Lösung ein Generationenprojekt vorgeschlagen wird, das finanzierbar ist, politische Gräben überwinden kann und der ganzen Stadtbevölkerung einen grossen Nutzen stiftet.
Die Zürcher Innenstadt wird durch eine eigentliche vierspurige Stadtautobahn vom Seebecken abgeschnitten. Die potentiell schönsten Plätze Zürichs – das Bellevue und der Bürkliplatz –, aber auch wesentliche Teile der Seepromenade sind durch das Verkehrsaufkommen beeinträchtigt. ÖV, Autoverkehr, Fussgänger und Velofahrer stehen sich insbesondere am Bellevue auf den Füssen herum. Seit 1986 bemühte sich die Politik deshalb immer wieder um eine Verbesserung dieser Situation – vergeblich. Die Protagonisten forderten zumeist, den gesamten Autoverkehr unter den Boden zu verlegen, oder sie schlossen teure Seeunterquerungen in ihre Forderungen mit ein. Unzählige Studien haben inzwischen den Nachweis erbracht, dass solch absolute Lösungen weder finanzier- noch umsetzbar sind.
Mit der heute von der FDP-Fraktion eingereichten Motion soll nun ein pragmatischer Ansatz gewählt werden. Neu soll zumindest jener Autoverkehr, der Ursprung oder Ziel nicht in der engeren Innenstadt hat, mit der günstigst möglichen technischen Lösung von der Oberfläche verbannt werden. Genau die Hälfte des Verkehrs zwischen dem Seefeld, Höhe Kreuzstrasse, und der Rentenanstalt sind nämlich solch reiner Transitverkehr, der weder am Bellevue noch am Bürkliplatz etwas zu suchen hat. Diese Hälfte soll nun mittels einer Tieferlegung von Teilen des General-Guisan-Quais und des Utoquais von der Oberfläche verschwinden. Die andere Hälfte sucht ihr Ziel in der Innenstadt oder kommt von dort her und wird deshalb weiterhin oberirdisch geführt. Die Tieferlegung der mittleren beiden Spuren am Utoquai und am General-Guisan-Quai soll aus Kostengründen wo möglich im Tagbau erfolgen. Diese Spuren sollen anschliessend überdeckt und als Fahrbahn für die zwei verbleibenden oberirdischen Spuren genutzt werden. Lediglich zur Unterquerung der Limmat sowie teilweise im Raum Bellevue und Bürkliplatz muss im Tunnelbauverfahren gearbeitet werden.
Gemäss Gesamtverkehrsmodell des Kantons Zürich würde der Verkehr am Utoquai um rund 50% abnehmen, am General-Guisan-Quai um rund 45%, auf der Quaibrücke immerhin um 30%. Im gleichen Zug soll deshalb künftig auf dem General-Guisan-Quai und dem Utoquai nur noch eine Spur je Verkehrsrichtung zur Verfügung stehen, wodurch die Kapazität beibehalten wird. Der gewonnene Platz kann Fussgängern, Velofahrern, Boulevardcafés usw. zur Verfügung gestellt werden. Mittelfristig ist so auch eine Verbreiterung der oftmals überfüllten Seeuferanlagen möglich.
Verglichen mit dem Umsetzungskonzept des Stadtrates im Falle der Einzelinitiative Bruno Kammerer fällt insgesamt nur ein Bruchteil der Kosten an. Auf der gesamten Länge sind zudem in den nächsten Jahren ohnehin umfassende Sanierungen und Neugestaltungen geplant (Bellerivestrasse, Utoquai, Bellevue, Bürkliplatz und General-Guisan-Quai). Eine Koordination des Baus mit diesen Arbeiten reduziert die effektiven Mehrkosten weiter erheblich. Da überdies auch der Kanton profitieren würde, ist eine Mitfinanzierung anzustreben.
Nach all den erfolglosen Vorstössen der Vergangenheit ist es an der Zeit, im Interesse der ganzen Stadt Zürich am Seebecken eine der Bedeutung dieses Gebietes angemessene, aber dennoch realistische Verkehrssituation zu schaffen. Mit der vorgeschlagenen Lösung würden alle Verkehrsteilnehmer und Stadtbewohner profitieren. Mit Blick auf die auf der ganzen Länge ohnehin geplanten Sanierungsarbeiten kann abschliessend gesagt werden: Wir befinden uns heute mitten in einer Sternstunde für Zürich: So günstig kommt unsere Stadt nie mehr zu einem verkehrsberuhigten Seebecken.
Kurzargumentarium
Problem |
- Die Zürcher Innenstadt wird durch eine eigentliche vierspurige Stadtautobahn vom Seebecken abgeschnitten.
- 100%-Lösung ohne jeden Verkehr um Bellevue und Bürkliplatz ist nicht zu haben, denn 50% des Verkehrs vom Seefeld und von der Enge fahren in die Stadt (Talstrasse, Rämistrasse). Eine solche Lösung wäre unbezahlbar und hätte zahllose hässliche Rampen mitten in der Stadt zur Folge.
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Lösung |
- Neu soll zumindest jene Hälfte des Autoverkehr, die Ursprung oder Ziel nicht in der engeren Innenstadt hat, also quasi Transitverkehr ist, mit der günstigst möglichen technischen Lösung von der Oberfläche verschwinden.
- Die Tieferlegung der mittleren beiden Spuren zwischen Frascati und Rentenanstalt soll aus Kostengründen wo möglich im Tagbau erfolgen.
- Diese Spuren sollen anschliessend überdeckt und als Fahrbahn für die zwei verbleibenden oberirdischen Spuren genutzt werden.
- Unterquerung der Limmat mit kurzem Tunnel.
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Vorteile |
- Rund 50% weniger Verkehr um das untere Seebecken.
- Rund 50% weniger Autospuren, am Sechseläutenplatz bspw. 3 statt 6, am Uto- und General-Guisan-Quai 2 statt 4.
- Der gewonnene Platz kann Fussgängern, Velofahrern, Boulevardcafés, einer verbreiterten Seeuferanlage usw. zur Verfügung gestellt werden.
- Zudem wird der ÖV weniger behindert.
- Gleichbleibende Kapazität für Autoverkehr.
- Keine Ausweichbewegungen des Verkehrs in die Quartiere (insbesondere Enge, Seefeld).
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Wieso genau jetzt? |
- Der Zufall will es, dass die gesamte betroffene Strecke in den nächsten Jahren ohnehin aufwändig Neugestaltet wird.
- Wenn nicht jetzt, dann nicht die nächsten 50 Jahre.
- Eigentliche Sternstunde für Zürich. Packen wir’s an!
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